schreiben

(noch unfertig)

es soll leute geben, die gemeine dinge tun, etwa die falschen fragen im falschen momentz zu stellen. eines derartigen vergehens hatte sich auch der gute mathieu fast schuldig gemacht, als er mich fragte, warum ich denn nicht längere texte schriebe. ich weiß nicht mehr, was ich genau antwortete in jener frühlingsnacht vorm computer nach einem delikaten essen, aber es wird irgendetwas ausweichendes, einem „mir fehlt die muße“ ahnliches gewesen sein, keine souveräne antwort jedenfalls.

eine souveräne antwort, das muss ich gestehen, kann ich auf diese frage auch nicht geben, ich befürchte sogar, dass ich das niemals können werde, denn es ist kompliziert mit mir und dem schreiben. seitdem ich begann, kleine gedichte oder geschichten zu schreiben (auch wenn diese sich oft nur allzu protokollartig ausnehmen), kann ich nicht erklären, warum ich schreibe und in den phasen, in denen ich nicht oder nur wenig schreibe, weiß ich genauso wenig warum.

es ist überhaupt eine krux mit diesem schreiben: ich kann stets nur die eine geschichte in worte gießen, die mir gefallen, nur die eine geschichte, die zufällig im äther meiner gedanken auftaucht, nicht irgendeine andere, die ich vielleicht lieber schriebe, oder irgendetwas dass ich schreiben muss, ein motivationsschreiben oder eine kündigung, es würde nicht gelingen. ich muss dem impuls folgen. ich bin ein impulschreiber. und wenn ich mich dann jenem hirngespinnst ergeben habe, welches durch meinen kopf rumort, so darf ich nicht aufhören, bevor ich am ende angelangt bin, sonst wird es kein ende geben. die fundamente müssen gegossen sein, der rohbau muss stehen. dann kann ich auch noch nach monaten, wenn ich mich plötzlich in einem traumartigen zustand an jenen text zurückerinnere, änderungen vornehmen ohne schlechtes gewissen oder beim lesen so inspiriert werden, so dass ich prompt die geschichte in ihrer wortzahl mehren muss.

und nein, ich verstehe nicht warum ich schreibe. wenn ich nicht alles falsch sehe, habe ich damit angefangen, da es mir am naheliegensten erschien, einfacher etwa als meine maltechnik zu verbessern, die welt zu retten oder die beherrschung eines musikinstruments zu erlernen und bin darauf hängengeblieben. vermutlich ist aber diese meinee mutmaßung nicht ganz koscher, denn ob ich diese gedanken wirklich fasste, diese motive wirklich hatte, dereinst an den sandstränden dänemarks, an denen ich (vor allem in einem zelt hinter den dünen auf dem schmalen holmsland klit) erstmals bewusst schrieb in – nennen wir es mal – „schriftstellerischer absicht“. vielleicht war es mehr das verlangen, zu erzählen, oder einfach der versuch, etwas zu tun, was ich noch nicht getan hatte und was mir nicht ganz so gewöhnlich erschien – aber dann ist es leider so, dass ich es nicht genau weiß, meine erinnerungen sind dünn, wie ein nebel am morgen, der bald verfliegt und nichts hinterlässt, als hätte er gar nicht existiert.

auch die worte, die ich schreibe, existieren nicht wirklich. sie sind eine reale fiktion, oft nur digital vorhanden, an sich keine worte, noch nicht mal buchstaben, sondern nur nullen und einsen, elektronenfluss oder dessen abwesenheit. das licht eines sternes, der schon verloschen sein kann. ja, die texte, die ich schreibe dürfen gern ein nebel sein, der denen, die erst erwachen, wenn die schwaden verflogen sind, keine spur hinterlässt.

und doch befürchte ich, dass ich weiter schreiben werde, bis zu meinem tod, bis in das höchste alter, welches ich erreichen werde – auch wenn das eine gewagte annahme ist, zu der ich vermutlich nur komme, da ich im letzten jahr um die hundert geschichten schrieb – vermutlich wird dabei niemals ein wirklich guter längerer text herauskommen (ganz sicher, wenn ich nicht beginnen sollte, so schnöde arbeiten wie recherchen vorzunehmen), aber wer weiß. damals, am holmsland klit hätte ich niemals gedacht, dass ich in diesem alter, welches ich jetzt erreicht habe, noch schreiben würde.
die vergangenheit lässt sich eben leichter prognostizieren und beschreiben als die zukunft.

(noch unfertig)

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